von Dominique Reitmaier

Unser Dorf

"Denn es braucht ein ganzes Dorf..." Tina Nürminger schreibt für uns.

"Denn es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen" (Afrikanisches Sprichwort)

Kennt ihr als Eltern das Gefühl, es ist grad alles zuviel? Die To Dos wachsen einem über den Kopf, die Kinder sind "mal wieder so laut heute", in der Wohnung sieht es aus, als hätte ein Wirbelsturm einmal durchgefegt und die eigene Stimmung ist einfach "unterirdisch". Kennt ihr auch diese Gedanken, alle anderen haben das scheinbar super im Griff, also dieses gesamte Ding alias "Familie, Haushalt, Job, usw."? Stets ausgeglichenes Wesen, immer tip top aufgeräumte Wohnung, Kinder die zufrieden in ihren Kinderzimmern spielen, und natürlich stets täglich eine gesunde, ausgewogene warme Mahlzeit auf dem Esstisch. Inzwischen weiß ich, dass dieses glänzende Bild, dass man von "den anderen" hat, absurd ist. Nach vielen Gesprächen mit anderen Eltern, insbesondere Müttern, weiß ich heute, dass diese sagen wir mal "unperfekten" Umstände wie anfangs geschildert, schlichtweg normal sind. Immer wieder an den Belastungsgrenzen entlang schleifen, immer wieder auch mal darüber gehen. Und dies, um jeden Tag aufs Neue die verschiedenen Lebensfelder unter einen Hut zu bekommen, das/die Kind/er, den/die Partner/in, Haushalt, Erwerbsarbeit, Mental Load, und vieles mehr. Ich finde es unheimlich wichtig und positiv, wenn sich immer mehr Eltern diesem ehrlichen Austausch öffnen. Nur so können wir nach und nach dieses hohe Ideal vom "perfekten Familienleben" bröckeln lassen, unnötiger Druck wird uns Eltern dadurch genommen, mehr Gelassenheit kann dadurch in die Familien einkehren und unter Eltern kann dadurch ein Gemeinschaftsgefühl und Solidarität entstehen. In den Sozialen Medien sind solche ehrlichen Einblicke von Eltern ins Familienleben z. B. unter dem Begriff "ehrliche Elternschaft" zu finden.

Jetzt könnte man denken: Schön, jetzt weiß ich schon mal, dass ich nicht allein in diesem Universum in verschiedenen Intervallen am hadern bin bzgl. dieser (Un)-vereinbarkeit der verschiedenen Lebensbereiche. Das tut schon mal gut. Aber: Ist es nicht trotzdem traurig, dass es vielen Familien so geht? Und Eltern sich belastet fühlen, alles unter einen Hut zu bekommen? An dieser Stelle möchte ich gern eine kleine Rückschau halten in das Zusammenleben der Menschen aus längst vergangenen Zeiten:

Ihr wisst sicherlich, dass wir Menschen vor vielen vielen Jahren noch nicht sesshaft waren, so wie heute, sondern dass die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte über die "Jäger und Sammler Kultur" bestand. Dort lebten die Menschen in großen Gemeinschaften, als Einzelperson hatte man schlichtweg keine Überlebenschance. Anders ausgedrückt: Man war auf die Gemeinschaft angewiesen. Auch heute noch sollen wir Menschen nach aktuellen Erkenntnissen dieses starke Bedürfnis nach Gemeinschaft in uns tragen. Ohne Familie oder Freunde fühlen wir uns einsam. Dieses Gefühl der Einsamkeit unter den Menschen hat sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt, dadurch, dass die Lebensformen immer individueller werden: Mehr Singel-Haushalte, Ein-Eltern-Familien, usw.. Auch steigt das Bedürfnis, sein Leben ganz unabhängig vom Beruf und Wohnort der Eltern zu gestalten: Man ist bereit, wegen Studium oder Beruf von der Heimat weiter weg zu ziehen, der Arbeitsmarkt fordert mehr Flexibilität wenn man sich beruflich verwirklichen möchte. All dies führt dazu, dass Familien auf der Landkarte betrachtet immer mehr "verstreut" wohnen, man nennt dies im Fachbegriff "Multilokale Mehrgenerationenfamilien". All dies und noch mehr Gründe führen zu einer stärkeren Vereinzelung in unserer Gesellschaft. "Einsamkeit ist das logische Resultat komplexerer Gesellschaften"

Und mir fallen an dieser Stelle die vielen Elterteile ein, auch heutzutage noch meist Mütter, die in ihrer Elternzeit mit Baby zu Hause sind und sich ziemlich einsam fühlen z.B. weil

- Eltern oder Schwiegereltern weiter weg wohnen, man kein gutes Verhältnis zu ihnen hat, oder sie schlichtweg noch mitten im Berufsleben stehen.

- Geschwister, die weiter weg wohnen, nicht einfach "mal schnell" auf einen Kaffee vorbei kommen können.

- Freunde/Freundinnen weiter weg wohnen oder gerade voll im Berufsleben eingebunden sind.

Und es gibt noch viele weitere Gründe, warum man sich, obwohl man das Baby/Kleinkind um sich hat, zu vielen Zeiten einsam fühlt. Dies betrifft laut Parenting Index (eine erstmalige Studie über die Erfahrungen von Eltern auf der ganzen Welt) ein drittel der neuen Eltern.

Wir Gründerinnen von "Unser Dorf e.V." möchten mit dem geplanten Familienzentrum in Gunzenhausen einen Ort der Gemeinschaft für Familien schaffen. Ein Zeichen setzen gegen diese zunehmende Vereinzelung in der Gesellschaft. Einen Ort schaffen, wo

- man Gemeinschaft und Zusammenhalt erfährt

- man auf offene Ohren stößt bei Fragen und Anliegen

- man erfahren darf, dass der "alltägliche Wahnsinn" im Familienleben nicht nur bei einem selbst, sondern in allen anderen Familien auch vorzufinden ist. #ehrliche Elternschaft

- durch Elternbildungsangebote Wissen erweitert wird

- man Entlastung erfahren darf durch Babysitting oder Vernetzung durch andere Eltern

- man Selbstfürsorge leben kann z.B. durch Sportangebote für Eltern

und vieles mehr....

Denn: Familie war nie als Einzelkämpferprojekt gedacht.

"Es braucht eben ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen." (Afrikanisches Sprichwort)

Wir laden euch ein, zu uns ins Familienzentrum zu kommen! Wir freuen uns auf Euch!

 

geschichtliche Informationen aus dem Artikel: "Das Monster der Moderne: Einsamkeit". Abgerufen im Internet am 14.2.2023

https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/zukunftsreport/das-monster-der-moderne-einsamkeit/und



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