von Dominique Reitmaier
"Ehret die Mütter"
"Ehret die Mütter!"
Ehret die Mütter! Oder ist Muttertag politisch?
Die ersten Erwähnung des Muttertags geht auf die Griechen und Römer zurück. Wer hätte das gedacht? Die Römer waren ja schon immer sehr findig. Da wurden besondere Frauen als Göttinnen verehrt. Wenn es nach mir ginge dürfte das auch so bleiben!
„Als Begründerin des heutigen Muttertags gilt jedoch die MethodistinAnna Marie Jarvis, die Tochter von Ann Maria Reeves Jarvis.
In Erinnerung an ihre Mutter, die sich für Frauen einsetzte, deren Rechte und Grundversorgung während des damaligen Krieges, setzte sie sich ein einen offiziellen Muttertag zu schaffen.“ Am 8.Mai 1914 erließ der US-Kongress dieJoint Resolution Designating the Second Sunday in May as Mother’s Day: Als Zeichen der Liebe und Verehrung der Mütter solle der 2.Sonntag im Mai als Muttertag gefeiert werden.
Als die Kommerzialisierung dieses Tages unter anderem auch durch den Blumenhandel überhand nahm setzte sie sich sogar für die Abschaffung dieses Tages ein.“ (Wikipedia)
Das finde ich sehr traurig, denn ihre Mutter war stark, setzte sich ein für eine gute Sache, denn die Rechte der Frauen vor über 100 Jahren waren bei Weitem nicht so wie sie jetzt sind. Für mich ist es unglaublich, dass ein Geschlecht weniger Rechte haben sollte als das Andere, oder wegen anderer Gründe.
Nicht, dass die Rechte der Frauen schon so weit wären dass wir von einer Gleichberechtigung sprechen könnten. Ich denke da an Gleichberechtigung auf verschiedenen Ebenen. Wenn man bedenkt, dass in der Schweiz in einem der letzten Kantone 1990 das Frauenwahlrecht zuletzt umgesetzt wurde.
Was uns doch am Meisten beschäftigt ist wohl, wenn man zum ersten Mal versucht Kinder zu bekommen. Mein Feminismus wurde so richtig erweckt als ich schwanger wurde und bei meiner ersten Geburt Gewalt erfahren habe. Worüber viele nur mit dem Kopf schütteln passiert dies in der Geburtshilfe täglich. Es fängt an mit Untersuchungen ohne dass sich jemand vorstellt, absprechen von Schmerzen und aufgrund von Personalmangel gesundheitliche Folgen für Mutter und Kind. Auch die Trennung von Mutter und Kind ohne Grund gilt als strukturelle Gewalt, laut WHO. Die Vorderungen der Elterninitiative Mother Hood e.V. hat sich schon vielerorts eingesetzt und an runden Tischen teilgenommen, sich in verschiedenen Gremien etabliert, das Hilfetelefon nach schwieriger Geburt installiert, aber die 1:1 Betreuung für Frauen in der Klinik gibt es immer noch nicht – außer in der Hausgeburtshilfe.
Nicht nur das, es ist z.B. für selbständige Frauen fast unmöglich ohne finanzielle Unterstützung oder Fremdbetreuung des Kindes ihrer Arbeit weiter nach zu gehen. Mutterschutz für eine Selbständige? Fehlanzeige, es sei denn sie ist freiwillig gesetzlich versichert. Die Elterngeldberechnung äußerst schwierig.
Bei Früh – und Fehlgeburten haben viele Frauen ohne festen Vertrag Angst es dem Arbeitgeber zu sagen, weil sie Angst haben gekündigt zu werden.
Auch bei Frühaborten bleibt nur eine Krankschreibung.
Nach wie vor sind es Frauen die sich mehrheitlich um die Kinderbetreuung kümmern und nur „die Hälfte“ arbeiten. Die Hälfte für die sie bezahlt werden. Alles was nicht gesehen wird wie z.B. ein Geschenk für den Kindergeburtstag kaufen, Arzttermine ausmachen, zur Logopädie, Kleiderschränke aussortieren weil zu klein, Jahreszeitenwechsel, an Veranstaltungen, Vorträge, Elternsprechtagen teilzunehmen, gesund kochen, Brotzeit herrichten, Bücher in der Bücherei abgeben, Kuchen backen für den Großelterntag im Kiga, Geburtstagsgeschenke besorgen, und natürlich geduldig, hingebungsvoll, bedürfnisorientiert sich um die Kinder zu kümmern. Frauen arbeiten mehrheitlich weniger Stunden im angestellten Verhältnis, doch im Alter droht ihnen deswegen Altersarmut – den Meisten auf jeden Fall. Die Frauen die voll arbeiten wollen oder müssen, bekommen oft keinen Betreuungsplatz, müssen Umwege fahren oder lange suchen bis sie eine geeignete Betreuung finden. Diese Sorgen lasten auf den Frauen. Wie viel soll ich denn arbeiten damit es sich steuerlich auch lohnt? Aber auch die Zerrissenheit von Frauen die gerne Arbeiten, die ihren Job lieben und gleichzeitig eine Mutter sein wollen die sich um ihr Kind kümmert ist ein Dilemma. Beides unter einen Hut zu bekommen ist ein Kraftakt.
Ist die Ehrung der Mutter noch zeitgemäß im Hinblick darauf, dass Väter sich immer mehr einbringen wollen und ihrer Elternrolle nachkommen wollen?
Nicht zuletzt möchte ich gleichgeschlechtliche Paare nicht ausschließen und bin der Meinung, dass es hier auch noch mit einigen Klischees aufzuholen gilt. Im Hinblick auf so viele Missstände was Frauenrechte anbelangt sehe ich es als wichtig den Muttertag wieder als das zu feiern was sein Ursprung war – die Frauen zu stärken, ihre Tätigkeiten wertzuschätzen und sich für Rechte der Frauen weiterhin einzusetzen, anstatt sie mit Blumen und Pralinen zu beschenken. Am Wichtigsten finde ich jedoch, dass Frauen sich selbst wertschätzen, ihre Bedürfnisse erkennen, Prioritäten setzen und sich für ihre Rechte selbst einsetzen. Wenn Frauen sich selbst nicht wichtig nehmen wer soll es dann?
"Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann."

"Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann" -
und "Ich liebe doch meine Kinder, da kann ich doch kein Geld dafür verlangen!"
In diesem Monat "feierten" wir wie jedes Jahr den Equal Care Day. Diesmal war es der 1. März, normalerweise ist Equal Care Day am 29. Februar angesetzt. Warum? - dürfte sich so manche/r jetzt fragen. Wikipedia erklärt hierzu:
"Die Festlegung auf den 29. Februar, der als Schalttag nur alle 4 Jahre stattfindet und in den Jahren dazwischen übergangen wird, weist darauf hin, dass Care-Arbeit als weitgehend `unsichtbare Arbeit` gilt, die oft nicht wahrgenommen und nicht bezahlt wird.
Der Tag symbolisiert außerdem das Verhältnis von 4:1 bei der Verteilung von Care-Arbeit und ruft in Erinnerung, dass Männer rechnerisch etwa vier Jahre bräuchten, um so viel private, berufliche und ehrenamtliche Fürsorgetätigkeiten zu erbringen wie Frauen in einem Jahr."
Soviel zur terminlichen Festsetzung des "Feiertages"...
Aber: Was ist nun dieser Equal Care Day genau? Was wird da gefeiert? Dürfte sich vielleicht noch die/der ein oder andere fragen. Auch das erklärt Wikipedia:
"Der Equal Care Day ist ein Aktionstag, der auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Fürsorgearbeit aufmerksam macht."
Im Grunde gibt es an diesem Tag nämlich nichts zu feiern. Im Gegenteil. Es ist eine recht bedauerliche Angelegenheit, auf die hier aufmerksam gemacht wird. Der Equal Care Day setzt ein Zeichen, dass Frauen bzgl. Carearbeit im Vergleich zu Männern auch heute noch, im Jahr 2023, deutlich benachteiligt sind.
Denn die Carearbeit im beruflichen Kontext wird zwar bezahlt, jedoch sind die Careberufe, hauptsächlich von Frauen ausgeführt, deutlich schlechter bezahlt als die typischen "Männerberufe".
Die Carearbeit im Privaten ist gänzlich unbezahlt: Wäsche waschen, Kinder erziehen, Trotzanfälle begleiten, krankes Kind pflegen, neue Kleidung in der richtigen Größe kaufen, und vieles vieles mehr - alles für "umme". Der Duden nennt auch weitere Synonyme: "gratis" oder "umsonst".
Wieviel mehr der unbezahlten Carearbeit im privaten Bereich übernehmen die Frauen? Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend schreibt auf ihrer Homepage: "Der Gender Care Gap beträgt 52,4 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer." Während die Frau zu Hause die Arbeit gratis (wahlweise: "für umme" oder "umsonst") erledigt, sammelt der Mann fleißig Rentenpunkte für´s Alter und klettert der Frau auf der Karriereleiter im Sauseschritt davon. (Anmerkung: Der Gender Care Gap unterscheidet sich je nach Lebensalter.)
Jetzt besteht das bekannte Argument von Müttern, man könne doch nix für alle Erledigungen rund um Kind und Haus verlangen, man LIEBT doch die Kinder und erlebt mit ihnen viele schöne Momente! Die andere Sicht: Es gibt (glücklicherweise) Menschen, die ihren Beruf leidenschaflich ausüben, voll und ganz darin aufgehen. Sollten diese Menschen dann zu ihrem Chef gehen und ihn darum bitten, er möge die monatlichen Gehaltsüberweisungen einstellen, da der Job ja viel Freude bereitet? Sie die Entlohnung somit ja nicht "verdient" hätten? Eher unwahrscheinlich. Oder weiteres Beispiel: Man hat beispielsweise einen besonders erfolgreichen/Freude bringenden/erfüllten Arbeitstag hinter sich und geht kurz vor Dienstschluss zum Chef und sagt: "Mir hat die Arbeit heute soviel Freude gemacht, Chef, deswegen kann ich heute wirklich keinen Lohn dafür nehmen! Behalten Sie bitte das Geld für den heutigen Tag ein!"... Somit mein Fazit: Ob Freude bringend, stressig oder stellenweise langweilig - Carearbeit ist und bleibt Arbeit.
Und wer jetzt das Argument bringt, dass die Carearbeit ja keine Arbeit sei, der hat wahrscheinlich noch nie 24:7 ein Kind oder mehrere Kinder betreut. Manch frischgebackene Mutter selbst wundert sich, wenn sie abends regelmäßig fix und alle um 20 Uhr (oder früher) bei der Einschlafbegleitung mit ihrem Nachwuchs einschläft, warum sie denn so müde ist, da sie doch den ganzen Tag "nur daheim" war und "nix besonderes" gemacht hat.
In unserer Gesellschaft "genießt" Carearbeit leider eine sehr geringe Wertschätzung. Und das traurige: Auch viele hart care-arbeitende Mütter haben durch (unser aller) Sozialisation diese Haltung inne und schätzen nicht ihr wertvolles und unermüdliches Tun, tagein, tagaus.
Deswegen lohnt es sich meiner Meinung nach sehr, sich als carearbeitende Person bewusst einmal die Zeit zu nehmen und die eigenen Arbeitszeiten aufzuschreiben. Falls vorhanden, die "Lohnarbeit" (oder "Erwerbsarbeit" genannt) und auch alle Carearbeitszeiten. Nachfolgend ein paar Tipps, um am Ende auch ein reales Wochenarbeitsstunden-Ergebnis zu erhalten:
- wenn ich z. B. während des Tagschlafes des Kindes Arbeiten im Haushalt verrichte, neue Kleidung in der nächsten Größe für den Nachwuchs bestelle oder den nä. Termin für die U-Untersuchung beim Kinderarzt/ bei der Kinderärztin vereinbare, DANN ZÄHLT DAS ALS CAREARBEIT.
- Schlafzeiten des Kindes (beispielsweise nachts) , in denen ich für das Kind zuständig bin, zählen als Bereitschaftsdienst, nicht als Pause
- Zeiten, in denen ich NICHT aus freien Zügen entscheiden kann, was ich tun will und wohin ich dafür gehen will, gelten nicht als Pause. (z. B. alleinige Autofahrt zum Ort der Erwerbsarbeit, die von Müttern selbst gern als Pause betitelt wir, da so entspannend im Gegensatz zur vorher stattgefundenen Morgenroutine mit Kindern, ist keine wirkliche Pause, da wir während dieser Zeit nicht frei sind, was und wo und wie wir diese Zeit verbringen).
- Duschen, Lebensmitteleinkaufen, Arzttermine wahrnehmen, etc. sind ebenfalls keine Pausen. Durchaus oft eine nette Abwechslung zur Betreuung des Kindes/ der Kinder, aber eben keine Pause.
Nach einer intensiven Reflexion und einem Aufaddieren der Erwerbs- und Carearbeitsstunden kommen Mütter (natürlich wahlweise auch hauptsächlich carearbeitende Väter, meist sind es eben die Mütter, siehe Studienlage, die auch heute noch den Löwenanteilnicht der Carearbeit stemmen) häufig auf 60 - 80 h (!!) Wochenarbeitszeit gesamt. Und hier ist noch nicht einmal der nächtliche Bereitschaftdienst mit einbezogen, dieser kommt zusätzlich "oben drauf" (Anmerkung: Wenn das Kind ein- oder mehrmals nächtliche Wachphasen hat zählen diese Zeiten zur Carearbeit). Ich hatte mal gelesen, dass der Mutterjob ca zwei Vollzeitstellen umfasst, was sich zeitlich ungefähr deckt mit der Angabe von 80 h Wochenarbeitszeit.
Wenn man sich jetzt vorstellt, dass eine alleinerziehende Mutter, die, nehmen wir mal an, die Carearbeit zu keinem Zeitpunkt abgeben kann, ca. 80 h pro Woche carearbeitet, während der Nächte durchgehend Bereitsschaftdienst hat (und das Kind womöglich noch mehrere Wachphasen hat, die dann die Carearbeitszeit wieder in die Höhe schnellen lässt), keine echten Pausen hat, dann kann sich vermutlich jede/jeder denken, dass dies auf Dauer von einer Person nicht leistbar ist.
Deshalb auch an dieser Stelle wieder das wichtige Zitat, auf dem unser Verein gründet: "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen". Die Betreuung und Erziehung eines Kindes von nur einer Person ist auf Dauer schlichtweg nicht leistbar, oder wenn, dann oft mit vielen (gesundheitlichen) Nachteilen verbunden.
Ich sehe es als sehr wichtig an, dass sich Mütter (natürlich sind an dieser Stelle auch alle hauptsächlich carearbeitenden Väter angesprochen) bewusst darüber sind, was sie täglich leisten. Es fällt oft sehr schwer, da gesamtgesellschaftlich der Carearbeit sehr wenig Wertschätzung entgegen gebracht wird. Aber man kann im ersten Schritt an sich selbst etwas verändern, nämlich den Blick darauf, wie ich selbst meine tägliche Leistung bewerte. Denn erst wenn ich anerkenne, wieviel ich leiste, dass Carearbeit eben Arbeit ist, erst dann kann ich lernen, mir gütig zu begegnen und die so wichtige Selbstfürsorge in den Alltag zu integrieren, um wieder Kraft zu tanken. Zeiten, die mich entspannen. In denen ich nur meine eigenen Bedürfnisse befriedigen darf. Wenn ich mir nämlich immer wieder sage, dass ich ja "nur daheim bin bei den Kindern, bisschen Haushalt mache und mein Mann ja nur `richtig` arbeitet", dann kann ich mir nicht (guten Gewissens) Ruhe, Entspannung und Freizeit gönnen.
Natürlich hat dies mit Privilegien zu tun: Habe ich Kinderbetreuung? Menschen in der Familie, die das Kind betreuen, wenn ich mir Selbstfürsorge entgegenbringe? Man könnte im Kleinen anfangen ( auch mit Kind, wenn es eben nicht anders geht), dass man z. B. den Nachmittagsschlaf des Kindes nutzt, um eine Tasse Kaffee in Ruhe zu trinken, Entspannungsmusik hört, eine lustige Fernserie ansieht, in einem Buch liest oder in einer Zeitschrift blättert.
Wir im Familienzentrum "Unser Dorf e.V." sind der Überzeugung, dass "Ein Dorf", in das die Familie eingebettet ist, sehr wertvoll ist. Mit unseren Angeboten wollen wir Familien entlasten. Auch in gemeinsamen Gesprächen können wir uns gemeinsam auf den Weg begeben, um herauszufinden, wo ihr euch als Familie Entlastung schaffen könnt. Wir freuen uns auf dich, wenn unser Dorf wächst, mit Leben gefüllt wird und Familien Unterstützung und Bereicherung für das Familienleben erfahren dürfen!
Wenn bei dir der Artikel Interesse geweckt hat, dich mehr mit dem Themam Equal Care auseinanderzusetzen: Der "Equal Care Day" hat eine eigene Internetseite ( https://equalcareday.de). Hier kann man sich ausführlich zum Thema informieren (Was ist Carearbeit? Was ist Mental Load? Mental-Load-Selbsttest usw.).
Verfasser: Tina Nürminger
"Denn es braucht ein ganzes Dorf..." Tina Nürminger schreibt für uns.

"Denn es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen" (Afrikanisches Sprichwort)
Kennt ihr als Eltern das Gefühl, es ist grad alles zuviel? Die To Dos wachsen einem über den Kopf, die Kinder sind "mal wieder so laut heute", in der Wohnung sieht es aus, als hätte ein Wirbelsturm einmal durchgefegt und die eigene Stimmung ist einfach "unterirdisch". Kennt ihr auch diese Gedanken, alle anderen haben das scheinbar super im Griff, also dieses gesamte Ding alias "Familie, Haushalt, Job, usw."? Stets ausgeglichenes Wesen, immer tip top aufgeräumte Wohnung, Kinder die zufrieden in ihren Kinderzimmern spielen, und natürlich stets täglich eine gesunde, ausgewogene warme Mahlzeit auf dem Esstisch. Inzwischen weiß ich, dass dieses glänzende Bild, dass man von "den anderen" hat, absurd ist. Nach vielen Gesprächen mit anderen Eltern, insbesondere Müttern, weiß ich heute, dass diese sagen wir mal "unperfekten" Umstände wie anfangs geschildert, schlichtweg normal sind. Immer wieder an den Belastungsgrenzen entlang schleifen, immer wieder auch mal darüber gehen. Und dies, um jeden Tag aufs Neue die verschiedenen Lebensfelder unter einen Hut zu bekommen, das/die Kind/er, den/die Partner/in, Haushalt, Erwerbsarbeit, Mental Load, und vieles mehr. Ich finde es unheimlich wichtig und positiv, wenn sich immer mehr Eltern diesem ehrlichen Austausch öffnen. Nur so können wir nach und nach dieses hohe Ideal vom "perfekten Familienleben" bröckeln lassen, unnötiger Druck wird uns Eltern dadurch genommen, mehr Gelassenheit kann dadurch in die Familien einkehren und unter Eltern kann dadurch ein Gemeinschaftsgefühl und Solidarität entstehen. In den Sozialen Medien sind solche ehrlichen Einblicke von Eltern ins Familienleben z. B. unter dem Begriff "ehrliche Elternschaft" zu finden.
Jetzt könnte man denken: Schön, jetzt weiß ich schon mal, dass ich nicht allein in diesem Universum in verschiedenen Intervallen am hadern bin bzgl. dieser (Un)-vereinbarkeit der verschiedenen Lebensbereiche. Das tut schon mal gut. Aber: Ist es nicht trotzdem traurig, dass es vielen Familien so geht? Und Eltern sich belastet fühlen, alles unter einen Hut zu bekommen? An dieser Stelle möchte ich gern eine kleine Rückschau halten in das Zusammenleben der Menschen aus längst vergangenen Zeiten:
Ihr wisst sicherlich, dass wir Menschen vor vielen vielen Jahren noch nicht sesshaft waren, so wie heute, sondern dass die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte über die "Jäger und Sammler Kultur" bestand. Dort lebten die Menschen in großen Gemeinschaften, als Einzelperson hatte man schlichtweg keine Überlebenschance. Anders ausgedrückt: Man war auf die Gemeinschaft angewiesen. Auch heute noch sollen wir Menschen nach aktuellen Erkenntnissen dieses starke Bedürfnis nach Gemeinschaft in uns tragen. Ohne Familie oder Freunde fühlen wir uns einsam. Dieses Gefühl der Einsamkeit unter den Menschen hat sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt, dadurch, dass die Lebensformen immer individueller werden: Mehr Singel-Haushalte, Ein-Eltern-Familien, usw.. Auch steigt das Bedürfnis, sein Leben ganz unabhängig vom Beruf und Wohnort der Eltern zu gestalten: Man ist bereit, wegen Studium oder Beruf von der Heimat weiter weg zu ziehen, der Arbeitsmarkt fordert mehr Flexibilität wenn man sich beruflich verwirklichen möchte. All dies führt dazu, dass Familien auf der Landkarte betrachtet immer mehr "verstreut" wohnen, man nennt dies im Fachbegriff "Multilokale Mehrgenerationenfamilien". All dies und noch mehr Gründe führen zu einer stärkeren Vereinzelung in unserer Gesellschaft. "Einsamkeit ist das logische Resultat komplexerer Gesellschaften"
Und mir fallen an dieser Stelle die vielen Elterteile ein, auch heutzutage noch meist Mütter, die in ihrer Elternzeit mit Baby zu Hause sind und sich ziemlich einsam fühlen z.B. weil
- Eltern oder Schwiegereltern weiter weg wohnen, man kein gutes Verhältnis zu ihnen hat, oder sie schlichtweg noch mitten im Berufsleben stehen.
- Geschwister, die weiter weg wohnen, nicht einfach "mal schnell" auf einen Kaffee vorbei kommen können.
- Freunde/Freundinnen weiter weg wohnen oder gerade voll im Berufsleben eingebunden sind.
Und es gibt noch viele weitere Gründe, warum man sich, obwohl man das Baby/Kleinkind um sich hat, zu vielen Zeiten einsam fühlt. Dies betrifft laut Parenting Index (eine erstmalige Studie über die Erfahrungen von Eltern auf der ganzen Welt) ein drittel der neuen Eltern.
Wir Gründerinnen von "Unser Dorf e.V." möchten mit dem geplanten Familienzentrum in Gunzenhausen einen Ort der Gemeinschaft für Familien schaffen. Ein Zeichen setzen gegen diese zunehmende Vereinzelung in der Gesellschaft. Einen Ort schaffen, wo
- man Gemeinschaft und Zusammenhalt erfährt
- man auf offene Ohren stößt bei Fragen und Anliegen
- man erfahren darf, dass der "alltägliche Wahnsinn" im Familienleben nicht nur bei einem selbst, sondern in allen anderen Familien auch vorzufinden ist. #ehrliche Elternschaft
- durch Elternbildungsangebote Wissen erweitert wird
- man Entlastung erfahren darf durch Babysitting oder Vernetzung durch andere Eltern
- man Selbstfürsorge leben kann z.B. durch Sportangebote für Eltern
und vieles mehr....
Denn: Familie war nie als Einzelkämpferprojekt gedacht.
"Es braucht eben ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen." (Afrikanisches Sprichwort)
Wir laden euch ein, zu uns ins Familienzentrum zu kommen! Wir freuen uns auf Euch!
geschichtliche Informationen aus dem Artikel: "Das Monster der Moderne: Einsamkeit". Abgerufen im Internet am 14.2.2023
https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/zukunftsreport/das-monster-der-moderne-einsamkeit/und